NettisNadelkunst 

Sie geht mit Wolle und Flachs um und arbeitet gerne mit Ihren Händen. Spr.31.13

Spindeldynamik

Spindeldynamik  

Wissenswertes um die beste spindel für dich zu finden

Warum spinnt sich meine Spindel nicht gut? Was mache ich nur falsch?!

Wahrscheinlich gar nichts, Du hast eventuell nur eine falsche Vorstellung davon was die von Dir gewählte Spindel kann. Wie so oft: Kleine Dinge machen einen großen Unterschied. Eine schwere Spindel wird nur unter (Deinen) großen Mühen ein feines Garn spinnen. Es geht, aber es macht keinen Spaß, denn Du musst gegen die Spindel arbeiten. 

Hier nun ein paar Tipps für Deine nächste Traumspindel:

Bevor Du überlegst welche es sein darf, solltest Du ein paar Dinge beachten. Spindeln sind verhältnismäßig günstig dennoch macht eine wunderschöne, aber ungenutzte Spindel höchstens dekorativen Sinn.
  1. Wieviel Erfahrung habe ich?
  2. Welches Garn möchte ich spinnen?
  3. Welche Fasern verwende ich?
  4. Welche Spindeln gibt es? 
Ich wünschte es gäbe eine einfach Antwort auf alles - es ist komplexer. Sieh es einmal so: Du hast eine große Auswahl, denn unzählige Faktoren beeinflussen das Ergebnis. Deshalb solltest Du Dich auf das Ergebnis konzentrieren, was möchtest Du erreichen? 
Für ein Strickprojekt spinnen, für ein Webprojekt, möchtest Du Babykleidung oder für einen Teppich spinnen? Oder möchtest Du eine neue Technik lernen und nur erstmal testen? 

1. Erfahrung

Natürlich kann man aus der Erfahrung anderer lernen, dafür wurde auch diese Webseite entwickelt. In der Hoffnung Anfängern zu helfen und mit allen Handspinnenden in regen Austausch zu treten. Das möchte ich auch Dir empfehlen. Sprich mit anderen Handspinnenden über Deine Projekte, Wünsche und Ideen. Mich hat gerade der Austausch mit Anfängern inspiriert und mir selbst geholfen mein eigenes Wissen zu vertiefen. Lies Bücher und Fachzeitschriften, beteilige Dich bei der Handspinngilde. Besuche (angemeldet) Spinntreffen, frage ob Du mal testen darfst.
Handspinn-Wissen wird oft mündlich weiter gegeben, oft sind es persönliche Erfahrungen mit einem persönlich ausgewähltem Werkzeug. Das soll nicht heißen das diese Information falsch ist, sie ist nur eventuell so persönlich auf diese eine Person abgestimmt, das sie für einen anderen Menschen unter anderen Bedingungen nicht gilt. Deshalb immer viele Menschen löchern, viel ausprobieren, viel üben. 

2. Garn

Diese Frage zielt nun schon direkt auf Deine neue Spindel ab. Welches Garn soll es werden? Ein feines, ein Sockengarn, ein Artyarn? Die nächste Wintermütze? Allgemein kann man sagen das Gesamtgewicht der Spindel über die mögliche Garnstärke entscheidet. Schwere Spindeln spinnen leichter dicke Garne und leichte Spindeln besser feine Garne.
  • Unter 20 Gramm spinnen prima Lace Garne.
  • 20 - 40 Gramm sind gut um Garne der Nadelstärke 2,5 bis 4 zu spinnen
  • 40 - 60 Gramm eignen sich für dickere Garne Nadelstärke 5 aufwärts 
  • Ab 60 Gramm für richtig dicke Garne der Nadelstärke 9 aufwärts
Möchtest Du ein gezwirntes oder ungezwirntes Garn spinnen? Wenn ich zwirnen möchte, suche ich mir mehrere ganz ähnliche Spindeln zum Spinnen der Singles aus oder verwende eine Technik mit der ich die gesponnenen Garne leicht vom Schaft nehmen kann ohne sie zuvor abwickeln zu müssen, oder verwende Kreuzspindeln. Zum Zwirnen dann eine etwas schwere Spindel mit einem Gewichtsschwerpunkt am Rande des Wirtels und einem längeren Schaft. Wie ich darauf komme? Sehe Dir die Tabelle etwas weiter unten an.

Soll es ein Kammgarn (kurzer Auszug) oder Streichgarn (langer Auszug) werden? Das hängt stark mit den ausgewählten Fasern zusammen, eine gute Spindelwahl erleichtert die Herstellung. 

Anfänger Spindeln gibt es nicht. Für das erste Garn empfehle ich eine Spindel mit einem Gewicht zwischen 30 und 40 Gramm. Ein Mittelgewicht, weil es so viele motorische Talente abdeckt. Es gibt aber absolute Feinmotoriker die mit einer leichten Spindel besser lernen, genauso wie grobmotorisch Veranlagte, die zunächst besser mit einer schweren Spindel lernen.  Das ist kein Werturteil sondern eine persönliche Veranlagung die man zum Vorteil nutzen und ausbauen sollte. Ein Feinmotoriker lernt leichter (fein) spinnen, ein Grobmotoriker zwirnt besser. Nach und nach gleichen sich die Unterschiede an, mit wachsender Erfahrung spinnen beide gleich. Aber - sie werden unterschiedliche Spindeln wählen für das gleiche Garn. Deshalb auch hier: ausprobieren und viel üben.
Eine Rolle spielt ebenso ob es ein Einfachgarn (Single) oder ein gezwirntes Garn (wenn ja wie stark) werden soll. 

3. Fasern

Die versponnenen Fasern hängen natürlich eng mit der Frage 2 zusammen. Je nachdem soll es ein feines Tuch oder ein Teppichgarn werden? Pflanzenfasern oder Wolle? Speziell für Pflanzenfasern wurden die Ahka, Takhli oder die Charkas entwickelt. Schnelle Spinnwerkzeuge die die trockenen, kurzen Fasern schnell aufnehmen und verspinnen können. Zumeist werden sie heute aufgesetzt gesponnen, seltener mit Fallspindeln. Wolle kann man mit jeder Spindel spinnen. Aber Wolle ist nicht gleich Wolle. Es gibt Schafrassen mit sehr langen Fasern von mehr als 20 cm und Fasern in 1 cm  Länge. Je nachdem ist die Spinntechnik, also wie man die Fasern vorbereitet, auszieht und verspinnt zu wählen. Man ist natürlich versucht die ganz weichen und/oder ganz glänzenden Fasern zu wählen. Sie fühlen sich ja auch toll an. Weiche Fasern sind zumeist sehr kurz und erfordern eine geübte, schnelle Spinntechnik. Ebenso erfordern sehr lange Fasern eine wissende Hand. Anfänger neigen dazu sehr viel Drall in die Faser zu lassen und ihn aber zu schwach zu kontrollieren. Das heisst nach kurzer Zeit lässt sich nichts mehr ausziehen, denn der Drall ist in den Faservorrat gelangt. Deshalb, falls Du gerade erst anfängst, wähle Fasern mit einer (Stapel) Länge zwischen 8 und 10 cm. Die lassen sich am einfachsten handhaben. Bitte schaue dazu genau hin, wenn Du Fasern einkaufst. Kann Dir Dein Händler/Färber die Stapellänge nicht nennen - Finger weg. 

4. Spindelarten

Verschiedene Spindelarten wie Fallspindeln, aufgesetzte Spindeln usw. werden auf dieser Webseite beschrieben. Natürlich spielt Dein Geschmack auch eine Rolle. Zu welcher Art fühlst Du Dich hingezogen? Von Vorteil ist wenn Du schon mit verschiedenen Spindelarten geübt hast. Letztlich sollten aber die Eigenschaften über Deine Wahl entscheiden:

WIRTEL 

SCHAFT 

GARNBEFESTIGUNG 

Wenn ich beispielsweise ein dickes Wollgarn aus längeren Fasern spinnen möchte, würde ich eine schwere Tiefenwirtelspindel oder eine aufgesetze, schwere Spindel (Navajo, Tibetisch, Russisch) mit einem langen Schaft und Gewichtsschwerpunkt am Rande des Wirtels wählen. Wollte ich ein High Twist Sockengarn spinnen, würde ich eine Hochwirtelspindel mit einem Gewichtszentrum nahe am Schaft wählen. 

Entscheidend für die Eigenschaften der Spindel ist das Verhältnis 
von Wirtel zu Schaft in Dimension und Gewicht, sowie die Gewichtsverteilung im Wirtel. 

Material 

Holz

Die Dichte des Materials ist wichtig für eine Spindel. Dichte Harthölzer können die Energie beim Spinnen besser aufnehmen und gleichmäßig abgeben. Dichte Hölzer sind schwer und eigenen sich besser um dickere Garne zu spinnen. Leichte Spindeln aus Weichholz lassen sich leichter ablenken, da sie die gegebene Energie nicht gut aufnehmen können.  Wird dann mit viel Drall gesponnen verhält sich die Spindel instabil, fängt an zu schlingern oder dreht zurück sobald losgelassen wird. 

Holz ist ein natürlich gewachsener Rohstoff, selten ist die Dichte des Materials gleichmäßig verteilt. Wenn die Unterschiede zu groß werden ist es um die Laufruhe der Handspindel schlecht bestellt. Sie wird schlingern und kreiseln. Um das auszugleichen und die Effektivität der Handspindel zu erhöhen wird ein guter Spindelbauer kleine Gewichte in den Rand der Spindel einarbeiten und sie damit quasi zu wuchten. 

Wunderschön anzusehen sind in meinen Augen Maserungen, Astansätze, Unregelmäßigkeiten. Eigentlich genau das was eine Spindel instabil macht, geradezu unberechenbar. Solche Spindeln solltest Du unbedingt zur Probe spinnen. 
Achtet beim Spindelkauf auf eine gleichmäßige Oberfläche mit feinen, engen, gleichmäßigen Poren. 

Keramik

Keramik wird als Wirtel noch heute recht häufig eingesetzt. Entweder besteht der gesamte Wirtel aus Keramik oder es gibt sie in Kombinationen mit Holz. Am häufigsten finden wir Handspinnende Keramik in den Spinnschalen für aufgesetzte Spindeln, natürlich. Die Menschheit kennt Keramik genauso lange wie das Handspinnen. Erste Funde stammen aus der Jungsteinzeit, also seit über 24.000 Jahren. Eben diese Funde, von Steinen, Ton und Keramik mit Loch in der Mitte liessen die Forscher auf das Verarbeiteten von Fasern schliessen. Denn sie wurden gemeinsam mit weiteren Gegenständen gefunden, die auf eine Herstellung von Textilien schliessen lassen.  

Glas

Metall

Haken

Klein, aber oho! Wer eine Spindel aussucht, schaut auf den Wirtel und den Schaft, die oft kunstvoll verarbeitet sind und "unseren Namen rufen". Es lohnt sich aber auch dem Haken, sofern vorhanden, etwas Aufmerksamkeit zu schenken.

Haken müssen robust und gut in der Spindel verankert sein. 
Ein sehr zarter Haken kann leicht verbiegen, wenn die Spindel einmal fällt oder etwas eng in der Tasche verpackt ist. Bei der Auswahl der Haken wird der Drechsler einen aussuchen der in Form und Größe zur Spindel passt. Deshalb gut hinsehen, wenn Du eine Mini-Spindel kaufst. Ein zarter Haken sieht schön aus, kann Dich aber komplett um Dein Spinnerlebnis bringen. 
Oft werden fertige Haken verwendet,  sie haben den Vorteil das es ein Gewinde gibt das direkt in den Schaft geschraubt werden kann, meist werden sie für noch mehr Stabilität mit Kleber bestrichen und dann eingeschraubt. Handgebogene Haken erfordern das man ein Loch in den Schaft bohren und dann den Haken einkleben muss. Hier ist Präzisionsarbeit erforderlich. Handgebogene Haken können leichter verbiegen, da das Material weicher sein muss als das von maschinell gebogenen Haken. Letztere brechen dafür eher komplett aus, da sie beim Sturz das  stabilste Teil der Spindel sind. 

Haken müssen den Faden so führen das die Spindel ohne Ablenkung um die eigene Achse rotieren kann.
Das kann je nach Hakenform etwas unterschiedlich sein. Ein guter, einfacher Test zeigt schnell, wenn hier etwas nicht stimmt. Einen Hilfsfaden um den Schaft wickeln und über die Kerbe nach oben führen, um den Haken legen und die Spindel frei hängen lassen. Kann man vom Faden in der Hand ausgehend bis zum Spindelschaft eine senkrechte Linie ziehen (Lot) ist alles in Ordnung. Falls nicht, zunächst andere Fadenpositionen testen. Manche Haken führen den Faden besser seitlich, manche besser von hinten. Den Haken zu biegen ist eine weitere Möglichkeit. Sie sollte aber extrem feinfühlig ausgeführt werden um das Problem nicht zu verschlimmern oder den Haken gar auszubrechen. Verwende eine Zange ohne Rillen, halte die Spindel am Faden und lasse sie rotieren. Beobachte dabei in welche Richtung sie sich neigt. Dann den Haken millimeterweise in die entgegengesetzte Richtung biegen. Dabei immer wieder testen. 


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Handgefärbte Wolle, Garne und Spinnfasern aus Kirchheim Teck. NettisNadelkunst

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